Weitere Städte in Polen

Ausflug nach Torun, Malbork, Gdansk, Hel

Torun und Malbork sind eng mit dem Deutschen Orden verknüpft:

Im Jahre 1190 wurde in Palästina der Deutsche Orden gegründet, der ursprünglich zum Ziel hatte, die vielen Verwundeten der Kreuzzüge, sowie kranke Pilger aus Deutschland versorgen zu können. Aus diesen bescheidenen Anfängen erwuchs ein Orden, der das Ziel der Christianisierung im Osten hatte. Wenig später rief der polnische Herzog Konrad von Masowien die Ordensritter gegen die heidnischen Prussen zu Hilfe. Herzog Konrad belehnte die Ordensritter mit dem Kulmerland nördlich von Torun. Wie so oft in der Weltgeschichte wurde jedoch Herzog Konrad die Geister, die er rief, nicht mehr los. Die Prussen wurden unterworfen, verschwanden von der Weltgeschichte. An ihrer Stelle jedoch trat der theokratische, zentralistisch verwaltete Ordensstaat Preussen, der seinen Regierungssitz in Malbork hatte.

Obwohl der Deutsche Orden im Jahre 1233 in Torun eine Burg gründete, liegt das Augenmerk des Touristen eher auf dem Kopernikus Museum. Nikolaus Kopernikus widerlegte im Jahr 1543 die von der Kirche vertretene Lehre von der Erde als Mittelpunkt des Alls. Das Museum ist spannend, birgt auch das Original von „De revolutionibus orbium Coelestium“ von 1543.

Dem Deutschen Orden auf die Spur kommen wir in Malbork, wo wir schlichtweg von der Grösse dieser Burg erschlagen sind. Die Marienburg in Malbork ist die grösste Backsteinburg der Welt. Die Strenge und Grösse der Burg zeigt auch die Autorität dieses Ordens, dessen Hochmeister hier von 1309 bis 1457 residierte. Noch heute existiert der Deutsche Orden, der sich vor allem als Helfer und Heiler von Kranken und Hilfsbedürftigen sieht.

Zur Zeit der Marienburg war der Orden ein straff geführter Ordensstaat. Wie wir der Broschüre des Herrmeisters des Deutschherrenordens entnehmen, wurde 1996 der Ordensgedanke neu belebt. Unumwunden wird in der Broschüre für die Führung durch die Marienburg erklärt, dass mittelfristig der Wiederaufbau der Ordensmacht am Baltischen Meer geplant sei. Zudem werden alle Deutschen aufgerufen, in Ostpreussen, Westpreussen oder im Baltikum zu investieren. Sei es, dort ein Gutsherrenhaus mit Ländereien, eine Stadthaus, Ferienhaus oder eine Wohnung zu erwerben, sich in der Gegend niederzulassen um eine Familie oder eine Firma zu gründen. Ziel des Ordens sei, alte Herrenhäuser aus Deutscher Zeit in der Region Marburg und Riga zu erwerben, die einerseits als Andachtsräume zur Verbreitung der Christlichen Lehre, aber auch als Lagerräume für Hilfsgüter dienen sollen. Dazu wird der Aufbau des „Deutschherrenfonds“, eines Immobilienfonds für Mitteldeutschland und Osteuropa, sowie einer eigenen Bank des Ordens, der „Deutschherrenbank – Bank der Ritterschaften des Deutschherrenordens“, geplant.

Auf 83 Seiten folgt danach die Führung durch die riesige Burg. Danach auf knapp 40 Seiten verschiedene Ordensbeschreibungen, die man sich beim Deutschen Orden durch eine Spende oder durch Tapferkeit verdienen kann. Wir wähnen uns irgendwie im falschen Film ?!? Wofür macht da der Deutsche Herrenorden Reklame? Wer kauft sich heute noch Orden????

Dass diese Geschichte noch nicht zu Ende ist, zeigen uns verschiedene Gruppen Deutscher Touristen, die wir bei den Denkmälern des Deutschen Ordens antreffen. Sie schwärmen von der ehemaligen Grösse Preussens. Auch im Internet ist der Deutsche Orden stark präsent. Trotzdem werde ich nicht schlau aus diesem Orden. Namen wie „Herrenmeister“ und „Hochmeister“ sowie erkaufte Orden hinterlassen bei mir ein ungutes Gefühl.

Wohltuend danach die Stadt Gdansk sowie die Insel Hel, die vor allem im Sommer etwas Leichtes, Beschwingtes an sich haben. Beide auf ihre Art sehr sehenswert sind. In Gdansk das Rathaus nicht verpassen!

Ausflug nach Krakau

Wer es sich einrichten kann, möge Krakau über Ostern besuchen. Die verschiedenen kirchlichen Traditionen fangen schon am Palmsonntag mit den kunstvoll gestalteten „Palmen“ an. Einmalig die Atmosphäre rund um die Ostertage, die Osterdarstellungen in den unendlich vielen Kirchen, die herausgeputzten Menschen an Ostern, die Zeremonien und Traditionen.

Im Rahmen der Völkerverbindung findet jeweils Ende Juni – Anfang Juli das Festival der jüdischen Kultur statt. Dies schreibt Krakau:

„Das Festival hat seine festen Programmpunkte, die seit Jahren ein zahlreiches Publikum aus den entferntesten Ecken der Welt anlocken. Beispielweise wäre das Festival ohne sein Eröffnungskonzert und das energetisch­explosive Abschlusskonzert Shalom in der Ulica Szeroka nicht das, was es ist. Das Programm umfasst darüber hinaus unzählige Vorträge, Workshops, Touren, Exkursionen, Ausstellungen, Vorführungen und Präsentationen. All das findet vor der Kulisse von Kazimierz, dem jüdischen Viertel von Krakau statt“.

Czestochowa (Tschenstochau)– Opole­ Wroclaw (Breslau)

Bis 1945 lag Breslau im Deutschen Reich

Opolen als auch Breslau gehörten nach dem Ersten Weltkrieg, als Polen zur Zweiten Republik wurde, noch zu Deutschland. Ein Hin und Her bei den Verhandlungen verzögerte die endgültige Grenzfestlegung. Erst 1922 wurde definitiv entschieden, wobei das Gebiet in Niederschlesien mit der Hauptstadt Breslau und Oberschlesien mit Opolen unterteilt wurde.

Über Jahrhunderte lebten im neu ernannten Niederschlesien Deutsche, Polen und Juden friedlich zusammen. Wie Galizien viele Jahre unter den Habsburgern, bis Friedrich der Grosse 1741 Schlesien und Breslau eroberte. Die Stadt erblühte unter ihm.

Im Zweiten Weltkrieg wurden die Juden in Vernichtungslager abgeführt, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg musste die deutsche Bevölkerung, die fast 90 % der Einwohner ausmachte, die Stadt verlassen. Sie wurden in Zügen vor die Stadt geführt, wo sie sich in Flüchtlingstrecks in das zerstörte deutsche Restreich schleppten. Nachdem die Gegend durch die Westverschiebung polnisch wurde, bewohnten vor allem Vertriebene aus Lemberg (Lwòw) die Stadt Breslau, welche den Namen Wroclaw erhielt. Die Lemberger nahmen ihre eigene ostpolnische – galizische Kultur mit. Teilweise auch ihren orthodoxen Glauben.

Die Menschen in Wroclaw lebten bis zur europäischen Zeitenwende 1989/90 in einem Provisorium. Denn die Bundesrepublik erkannte, unter dem Druck der Vertriebenenverbände, bis zur deutschen Einigung die neue Westgrenze Polens nicht an. Die Bonner Regierung sprach stattdessen von der Oder­Neiße­Linie, in den Schulbüchern stand bei Schlesien „unter polnischer Verwaltung“. Die nach Breslau Umgesiedelten, die sich mühsam in der neuen Heimat eingewöhnt hatten, fürchteten, auch diese wieder zu verlieren. Erst der deutsch­polnische Freundschaftsvertrag von 1991 schuf auch für die Bewohner Breslaus Klarheit und Sicherheit.

Breslau wird 2016 Kulturhauptstadt Europas. Breslau hat wohl gegenüber Lublin den Vorteil, dass es besser organisiert ist, besser erreichbar auch. Die meisten vom Krieg zerstörten historischen Bauten wurden rekonstruiert, der Marktplatz gilt als einer der bedeutendsten gotischen Profanbauten Mitteleuropas. Die malerische Altstadt liegt an der Oder. Der Dom, die Kirchen, das Rathaus, die Universität sowie das Nationalmuseum liegen alle bequem beieinander. Die Stadt hebt hervor, dass durch die Lemberger, die 1945 hierher verpflanzt wurden, das Östliche in der Stadt stark spürbar sei. Das mag sein – an die Atmosphäre von Lublin kommt jedoch Breslau nicht heran. Ich verstehe jedoch, dass aus praktischen Überlegungen dieser Stadt den Vorrang gegeben wurde.

Czestochowa (Tschenstochau)

1382 stiftete der schlesische Herzog Ladislaus von Oppeln den aus Ungarn eingewanderten Paulinern ein Kloster sowie ein wundertätiges Marienbild. Um die Herkunft dieses Bildes ranken sich viele Mythen, sie ist jedoch ungeklärt.

Als 1655 die Schweden die Stadt belagerten, wurde das Madonnenbild täglich herumgetragen, um den Verteidigern Mut zu machen. Tatsächlich konnten die Schweden Czestochowa nicht einnehmen. Dieser militärisch eher unbedeutende Erfolg verlieh damals den Polen solche Kraft, dass sie die Schweden aus ganz Polen vertreiben konnten. Auch beim Kampf gegen die Russen im Jahre 1770 gab das Marienbild den Verteidigern Kraft. Selbst 1945, als beim Abzug der Deutschen eine nasse Lunte die Sprengung der gesamten Anlage verhinderte, sprach man dies der Kraft der Schwarzen Madonna zu.

Die Schwarze Madonna von Czestochowa steht deshalb im Zusammenhang mit dem Nationalbewusstsein der Polen. Hunderttausende pilgern am 15. August, am Fest Mariä Himmelfahrt zur Schwarzen Madonna. Im Reiseführer wird der Besuch von Chestochowa als religiös­touristisches Ereignis beschrieben.Die Atmosphäre in Chestochowa ist tatsächlich einmalig. Die Menschen kommen hierher, um den Schutz der Schwarzen Madonna zu erbitten. Im Wissen um diese wechselhafte Geschichte von Polen erhält dabei die Schwarze Madonna, die Polen immer wieder beschützt hat, eine ganz besondere Bedeutung. In Chestochowa verbindet sich Nationalbewusstsein mit Religiosität.

Wer vor allem das Gesamtkunstwerk des Klosters mit der Kirche besuchen will, der wählt am besten einen normalen Werktag dafür. Der Altar der Schwarzen Madonna ist aus Ebenholz und Silber, die verschiedenen Kapellen in barocker Ausstattung. Auch die Schatzkammer sollte besucht werden. Wer jedoch vor allem in diesem Bad von Nationalbewusstsein, Religiosität, Dankbarkeit und Gebet teilnehmen möchte, wählt einen Feiertag. Aus Rücksicht vor den tiefgläubigen Menschen, die hier auch auf Knien betend zur Schwarzen Madonna rutschen, ist ein diskretes Verhalten angebracht.

Blandine, im Vorsommer 2009

Quellen:
Polygott on tour,
Polen Nelles Guide,
Polen Myhos Marienburg – Symbol unseres Glaubens – Deutscherren Verlag
Unterlagen der besuchten Städte
Eigenes Erleben und eigene Beobachtungen

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