St. Francis Southbroom

Uns gefällt dieser Ferienort der reichen Südafrikaner vor allem wegen der Architektur. In St. Francis sind fast alle Häuser mit Riedgras bedeckt und ein Ortsteil liegt an Kanälen. Die Riedgrasvillen sind einheitlich in Weiss gehalten und geben mit den kunstvoll geschwungenen Dächern und den zauberhaft gepflegten Gärten ein bezauberndes Gesamtbild. Auch ist es hier aussergewöhnlich ruhig, weil die Einwohnerzahl von 3000 nur im Dezember bis Mitte Januar und dann wieder über Ostern auf 25’000 anschwillt. Am Spätnachmittag laufen wir dem fast menschenleeren Strand entlang und bewundern das Rauschen des Meeres und das Wellenspiel des Wassers.

Wir steigen beim Gästehaus cycadsonsea (www.cycadsonsea.co.za) ab und geniessen das Bett direkt unter dem Riedgrasdach sowie den Balkon mit Sicht auf das Meer.

Es ist ein spezielles Erlebnis, unter Riedgras zu schlafen – man ist der Atmosphäre draussen viel näher als unter einem künstlichen Dach

Zudem hat Jack Nickolson in St. Francis einen LinksGolfkurs entworfen, der dem Fancourt Links mehr als ebenbürtig sein soll. Der Dünengolfplatz ist riesig – so riesig, dass vom Spiel aus keine Häuser zu sehen sind, obwohl über 500 Grundstücke für Bauten zur Verfügung stehen. Das günstigste Grundstück ist bereits für Fr. 50’000.zu haben und wird wohl auch mit einem Ferienhaus bebaut werden, das nur im Dezember bewohnt wird.

St. Francis liegt sehr nahe von Port Elisabeth. Diese Stadt umfahren wir grossräumig, weil wir in Südafrika nicht primär Städte sehen wollen, sondern Natur. Zwischen Port Elisabeth bis nach King William’s Town finden wir meist brachliegende grüne Weiten vor, die von vielen grossen Büschen übersät sind. Natürlich gibt es immer wieder Schilder mit Hinweisen auf Reservate, die man jedoch unbedingt vorreservieren muss. Auch ist es wichtig, sich genau zu informieren, was in diesen Reservaten geboten wird, weil die Qualitätsunterschiede massiv sind.

Ab King Williams Town entwickelt sich die N2 wieder zu einer sehr gut ausgebauten Autobahn, die uns East London, das seit 2003 Buffalo City heisst, ebenfalls grossräumig umfahren lässt. Auf dem Mittelstreifen begleiten uns während Kilometern blühende Oleander. In Gonubie fahren wir zum Meer und halten einmal mehr Ausschau nach einem privaten B&B.

Vom Zimmer und der Aussicht des Gästehauses Benri B&B in Gonubie (www.benrigonubie.co.za) sind wir so begeistert, dass wir es gleich auch für den Rückweg buchen. Eigentlich sollte man in Gonubie einen Garten mit alten afrikanischen Medizinpflanzen besichtigen können – auf Anhieb können wir ihn jedoch nicht ausfindig machen.

Die Fahrt von Gonubie bis zur Nachbarschaft des Geburtsortes von Nelson Mandela (Qunu) dauert zwei Stunden und entpuppt sich als höchst spannend. Wir fahren einmal mehr Hügel rauf und Hügel runter, haben dadurch wieder freie Sicht auf die unendlich grünen Weiten. Die erste Stunde nach East London fragen wir uns, weshalb wohl dieses fruchtbare Land in keiner Weise genutzt wird. Je mehr wir uns jedoch dem Geburtsort von Nelson Mandela nähern, desto besser werden die Beispiele intakter Dörfer südafrikanischer Einheimischer.

Diese Menschen mögen in sehr einfachen Verhältnissen leben – überall wird jedoch für medizinische Versorgung gesorgt und jedes Kind geht mit einer Schuluniform zur Schule. Hier gibt es sehr einfache, aber gut erhaltene Häuser mit ebenfalls viel Grün um das Haus. Dieses Grün liegt jedoch nicht brach. Die Menschen pflanzen Mais, Kürbis, Rüebli, Aloa Vera und medizinische Pflanzen an, haben einen Baum voller Früchte. Hühner gackern herum, oft sind auch ein paar Geissen oder Schafe zu sehen, manchmal auch eine Kuh. Die Häuser sind wohl in Gruppen, jedoch hat jede Familie viel Platz für sich. Die Bilder, die wir heute sehen, haben etwas Berührendes, Versöhnliches an sich.

Hier sehen wir auch viele runde Riedgrashütten, wie wir sie in unserem Innersten für Afrika gespeichert haben. Einige Rundhütten sind auch einfach mit Blech bedeckt.

In der Geburtsregion von Nelson Mandela wird das Land genutzt

Das Nelson Mandela Museum in Qunu ist für alle Besucher gratis – es wird lediglich auf eine Möglichkeit einer Spende hingewiesen, die man notabene anonym in einen fast schon versteckten Behälter legt. Auch wenn man keine private Führung bucht, wird man sehr freundlich empfangen. Ein Führer zeigt,

wo Nelson Mandela zur Schule ging. Am ersten Schultag erhielt er übrigens wie alle anderen Kinder auch, einen christlichen Namen (Nelson), weil der Missionar der Meinung war, die Einheimischen hätten lauter Satansnamen, die sie unbedingt ablegen müssten.

Von der Plattform aus sieht man das Heimatdorf Mandelas. Um das Grab und das Dorf zu besuchen muss man sich jedoch einer Führung anschliessen, was wiederum ein längeres Warten mit sich ziehen würde. Deshalb könnte man auch beim MandelaMuseum übernachten.

www.mandelamuseum.org.za

Überhaupt ist die lange Fahrt von Gonubie nach Southbroom eine Reise in das urtümliche Südafrika. Es ist ein Abenteuer, durch die Städte Dutywa, Mthatha, Mount Frere und Harding zu fahren. Die Strassen sind voll von gestikulierenden und diskutierenden Menschen. Am Strassenrand warten Menschen auf mögliche Sammeltaxis, an den Marktständen wird gefeilscht, laute Musik dröhnt, junge Menschen wippen, Horden von ordentlich gekleideten Schülern schlendern die Strassen entlang, graziöse Frauen tragen wie selbstverständlich ihre Lasten auf dem Kopf, Autos halten mitten auf der Strasse an, weil der Fahrer einem Freund ein paar Worte zuruft – alle scheinen unendlich viel Zeit zu haben. Gerne wären wir aus dem Auto gestiegen und hätten diesem bunten Treiben länger zugeschaut – hätten uns dabei jedoch wie ein Fremdkörper gefühlt.

Blandine, Februar 2014

Quellen:
Unterlagen aus Museen und Informationszentren der Städte
Persönlich Erlebtes und eigene Beobachtungen
Gespräche mit Einheimischen
Reise KnowHow Verlag: Reise KnowHow Südafrika von Christine Philipp

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