Obwohl ich Plettenberg nicht weiter erwähne, ist dies natürlich ein ausgezeichneter Touristenort, wo keine Wünsche offen bleiben. Speziell hinweisen möchte ich auf den „Goose Valley Golf Club“, der einen wunderbaren Platz mit vielen tiefen Bunkern sowie einer Driving Range hat, was hier in Südafrika nicht selbstverständlich ist. Mehrmals haben wir auch äusserst preisgünstig und ausgezeichnet im Clubhouse gegessen, wo man uns sehr freundlich, kompetent und aufmerksam bedient hat.
Europäer, die dem Winter entfliehen wollen, mieten sich direkt im geschützten Golfareal für zwei, drei Monate eine Wohnung (Fr. 90.pro Tag). Die Angebote rund um Plettenberg sind so vielfältig, dass die Zeit gut genutzt werden kann. The Crags mit seinen Sanctuaries, Tsitsikamma mit der wunderbaren Natur, westlich liegen Knysa, George (Fancourt) und Mossel Bay in Reichweite, die ebenfalls auf europäische Touristen eingestellt sind. Nicht zu vergessen den höchst beeindruckenden Nachthimmel, in dem Millionen von Sternen funkeln. Wir fühlen uns unter diesem Sternenmeer wie kleine Kinder vor dem erleuchteten Weihnachtsbaum.
Trotzdem lassen wir nun Plettenberg und all die umliegenden Touristenorte links liegen, wählen vor Mossel Bay die R 328, fahren über den Robinson Pass (838 Meter über Meer) nach Oudtshoorn zu den Straussen. Interessant ist, wie sich bereits kurz nach Mossel Bay die Landschaft ändert. Sobald wir die salzige Meeresluft sowie die Dünen hinter uns lassen, finden wir fruchtbares Land und Landwirtschaft vor.
Von Mossel Bay aus fanden die Holländer bereits 1689 den Weg ins Hinterland. Die Einheimischen zeigten den Holländern den „Elefantenweg“. Erst um 1800 siedelten jedoch erste Bauern an, noch heute ist das Gebiet nicht gross bevölkert. Alle haben unendlich Platz in dieser endlosen Weite. 1869 wurden ProteenSträucher entlang der Strasse gepflanzt, die auch jetzt noch schön blühen.
Der Robinsonpass bietet immer wieder fantastische Aussicht. Hier Richtung Mossel Bay und Meer
Die Weite Richtung Oudtshoorn
Die Geschichte der Strausse in Oudtshoorn wird in verschiedenen Prospekten und Reiseführern unterschiedlich angegeben. Deshalb wähle ich die offizielle Erklärung von Oudtshoorn: Wichtig ist dabei zu wissen, dass Oudtshoorn im „Kleinen Karoo“ liegt und dieses Gebiet von den Niederschlägen her als Halbwüste gilt. Wenn die Landwirte ab 1800 gute Erträge hatten, dann nur weil zwei Flüsse genügend Wasser in die Gegend brachten. Nebst Vieh hatten diese Landwirte schon sehr früh auch Strausse, die hier auch wild leben können, weil sie sehr gute Futterverwerter sind, auch wenig Wasser benötigen.
Halbwüste Klein Karoo – nur Nutztiere wie Strausse und Ziegen finden hier genügend Nahrung
Einige Sträucher schützen sich gegen das „Verschlungen werden“
1865 herrschte jedoch in der Gegend eine grosse Dürre, das Vieh der Landwirte verendete, nicht jedoch die Strausse. Die Strausse lieferten deshalb das benötigte Fleisch. Zudem konnten die Straussenfedern für gutes Geld verkauft werden, weil es in Europa Mode war, die eleganten Damenhüte mit Straussenfedern zu schmücken. Zwischen 1875 und 1880 stiegen die Preise für Straussenfedern ins Unermessliche. Mehr und mehr Landwirte stiegen auf Straussenzucht um. Wegen noch besserer Federn wurden die wilden Strausse von Oudtshoorn mit nordafrikanischen Straussen gekreuzt.
Durch den Handel mit den Straussenfedern wurde die Gegend sehr reich. So bauten um die Jahrhundertwende die so genannten „Straussenbarone“ auf ihren Farmen sowie in Oudtshoorn zahlreiche „Straussenpaläste“ im viktorianischen Stil oder auch im Jugendstil.
Just 1914, im Jahr des Kollapses wurde dieses Händlerhaus fertig gestellt. Nicht nur weil in Europa der Erste Weltkrieg ausbrach, Geld für Anderes als Straussenfedern gebraucht wurde, sondern auch, weil die Reichen nun Autos besassen, wurden keine Straussenfedern mehr verkauft. Damen mit Straussenfedern besetzten Hüten passten nicht in ein geschlossenes Auto, im offenen Auto wiederum windeten diese Hüte davon. Von 314’000 Straussen im Jahr 1918, sank der Bestand auf 30’000 im Jahr 1932 und auf nur noch 2000 im Jahr 1940.
Obwohl in den „roaring twenties“ nicht nur die Tänzerinnen in Paris eine Straussenfederboa trugen, sondern auch die Damen von Welt, benötigte es dafür nicht die qualitativ sehr hochwertigen Federn aus Oudtshoorn. Ein Straussenfarmer wandelte deshalb seine Farm bereits 1930 in eine Touristenattraktion um.
Nach dem Zweiten Weltkrieg besuchten bereits viele Touristen die Höhlen oberhalb Oudtshoorn. Diese Touristen interessierten sich auch für die Strausse, assen Strausseneier sowie Straussenfleisch, sassen auf die Strausse um Rennen zu veranstalten, kauften Straussenledertaschen, ein erneuter Straussenboom entstand. 1980 gab es wieder um die 100’000 Strausse in Oudtshoorn. Der Bestand stabilisierte sich bei dieser Zahl dank der Straussenfarmen, Straussensouvenirs, dem Straussenfleisch.
Weil der Strauss ein genügsames Tier ist, sehen wir ihn in Oudtshoorn in nicht wirklich „anmächeligen“ ehegen. Es macht uns nicht an, eine der wirklich sehr vielen Straussenfarmen zu besuchen. Uns auf einen Strauss setzen wollen wir auch nicht. Deshalb bleiben wir im wunderbaren Garten unseres B&B’s.
Gefüllter Hibiskus und Protea im Garten
Weil es bei unserer Ankunft in Oudtshoorn so heiss war, wollten wir ein B&B mit grossem Pool, sahen eine entsprechende Reklame, folgten den Plakaten und fanden uns in einem traumhaften Garten wieder. Diese Dame hat „nur“ drei Zimmer, ist jedoch stolzes Mitglied von „Portfolio Collection Trusted Places to stay “ (günstigere Variante von Orange Collection). Der Garten und auch das Haus sind mit viel Liebe gestaltet und gepflegt. Im Frühstücksraum glauben wir im England der 1980er Jahre zu sein. Wie in den hiesigen Einrichtungshäusern angeboten, überschlagen sich die Rüschen, Volants, Nippes, Kissen und kleinen Aufmerksamkeiten.
Weil wir am Abend jeweils zeitig zu Hause sind, schauen wir uns gerne einen amerikanischen Film im hiesigen „Moviechannel“ an. Im Gegensatz zu Amerika, wo in den Filmen auch „nicht jugendfreie“ Wörter benutzt werden, legt man in Südafrika Wert auf eine angepasste Sprache. So wie wir niemals auf der Strasse oder in Restaurants Schimpfwörter oder Schlimmeres gehört haben, so werden solche Wörter auch aus den Filmdialogen entfernt. Je nach Szene hören sich danach diese Dialoge ganz lustig an: “ You………. because I wanted to…………“ Trotzdem warnt uns jeweils die Sprecherin vor dem Film, dass in diesem Film eine „strong language“ gesprochen werde und sich der Film deswegen nicht für sensible Menschen und Jugendliche unter 13 eigne.
Zudem möchte ich erwähnen, dass linksfahren hier nicht die einzige Herausforderung ist. Bereits am Morgen unter der Dusche fängt das Hirntraining an, weil meist Warmwasser und Kaltwasser in anderen Richtungen sind als zu Hause. Alles ist „verdreht“: wenn wir unser Zimmer abschliessen wollen, müssen wir den Schlüssel nach rechts drehen, zum Öffnen nach links.
Nicht überall, jedoch sehr oft haben wir ein mit viel Sorgfalt zubereitetes Frühstück. Die Detailliebe unserer jetzigen Hausdame überragt jedoch alles:
Auch geniessen wir die hier wachsenden Kaktusfrüchte, die „BinggisBirnen“ genannt werden
Nach dem Frühstück fahren wir durch eine sehr reizvolle Gegend zu den Cango Höhlen, sind bereits um 20 nach 9 an der Kasse, erfahren aber, dass die 10 Uhr Führung bereits ausgebucht ist. Deshalb kaufen wir Tickets für die 12 Uhr Tour und fahren bis zum Swartberg Nature Reserve, dem Matjiesriviertal entlang.
Wir sind nicht nur angetan von der reichen Flussbettvegetation, den die Gegend umrahmenden Swartbergen, sondern vor allem von der Ruhe, der Unberührtheit, der Authentizität dieses Tales. Keine grossen Plantagen, wenige weisse Landwirte, viele Nichtweisse, die hier in der Abgeschiedenheit als Kleinfarmer Selbstversorger sind. Jedoch keine runden, mit Riedgras bedeckten Hütten haben, sondern kleine Rechteckige.
Hier bewundern wir Straussenfamilien, die viel Platz haben und auch als Familie leben können:
Wie wir andächtig dastehen um diese Stille und Ruhe zu geniessen, springen plötzlich die Schafe zusammen, ein paar Perlhühner eilen unter die Bäume des Bachbeetes, wir sichten einen Raubvogel, der dieses Mal leer ausgeht. So setzt er sich auf einen Baum und wartet. Wir auch, weil wir denken, dass er bald nochmals einen Angriff starten wird, aber weit gefehlt. Erst muss sich seine Beute wieder in Sicherheit wiegen.
Wer wirklich einmal die Ruhe der Natur geniessen will, wird im Swartberg Nature Reserve am richtigen Platz sein. Hier wird nicht nur davon gesprochen, dass man in natürlicher Umgebung leben kann, hier ist Natur zu Hause.
Blandine, Februar 2014
Quellen:
Prospekt der Stadt Oudtshoorn
Prospekt „Le Roux’s“ B&B
Eigene Erfahrungen und Beobachtungen